Immer wieder wird betont - und gerade auch von meiner Zunft, den Tanzlehrern - und gepredigt wie wichtig die Umgangsformen sind. Gutes Benehmen sei wieder gefragt, sei der Zutritt zum besseren Job, zur guten Gesellschaft - was diese auch immer sein mag.
Umgangsformen für Manager, internationale Umgangsformen, kein Bereich der ausgespart würde. Überall schiessen die Spezialisten dafür gerade so aus dem Boden.
Natürlich haben alle eine Ausbildung als "Kniggecoach", "Umgangsformencoach", sind "Benehmenspapst" und unfehlbarer Experte.
Dabei gibt es wohl kaum einen Bereich der so komplex ist wie die zwischenmenschliche Kommunikation. Schon innerhalb der eigenen Kultur, Lebenswelt und des eigenen Geschlechts. Sich dabei als allwissend zu gebärden spricht bereits Bände.
Abseits davon stellt sich aber auch die Frage inweit Umgangsformen in der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts überhaupt noch Platz haben? Oder anders gefragt, sind sie - die guten Umgangsformen - nicht mehr ein Hindernis im berufluchen Vorankommen als eine Hilfe?
Es vergeht nicht ein Tag an dem ich zumindest einmal an den guten Umgangsformen zweifle.
Man stelle sich, den Umgangsformen entsprechend, in der Business Lounge eines Flughafen am Getränkeschalter an und warte! Binnen Sekunden wird man angetempelt, abgedrängt, ausgebootet nur um einige Sekunden früher ein Cola oder Glas Wein gratis zu bekommen.
Man stelle sich einem Assesment um einen neuen Job zu bekommen. Aufgabe Streitgespräch, und versuche, die guten Manieten einzuhalten. Schon verloren! Wer den anderen ausreden lässt - schwächere Argumente, kein Durchsetzungsvermögen, nicht führungsfähig! Keine Rede von gutem Benehmen.
Schon einmal auf einer Bühne gestanden mit Lokalpolitikern? So schnell kann man gar nicht Hallo sagen steht man schon in der letzten Reihe, sobald ein Fotograf auftaucht. Benehmen und Höflichkeit ade, hier geht es um Stimmen.
Umgangsformen zu leben muss man sich leisten können!
Sie einfach nur auf den Lippen zu haben ohne die Grundlage allen Benhmens, die Achtung vor dem Mitmenschen verinnerlicht zu haben, hat keine Beziehung zu gutem Benehmen. Es ist eine Lebenseinstellung, so man es richtig machen will.
So zumndest meine Meinng.
Vergessen wir dabei aber nicht den historischen Hintergrund des Benehmens.
In der Vergangenheit waren die Umgangsformen innerhalb des jeweiligen Standes gemeint und nicht die Umgangsformen gegenüber Jedermann oder gar Jederfrau! Bürger zu Bürger, Adel zu Adel! Dienstboten konnten nicht damit rechnen entsprechend behandelt zu werden.
Jedoch dieses Benehmen, diese Umgangsformen sollten kein Vorbild für die Gegenwart sein! Also kein Rückblick in die gute alte Zeit!
Wir sollten uns weiter entwickelt haben.
So zumindest meine Hoffnung.