Manchmal rennt man vom Flughafen zu seinem Termin, arbeitet und rennt wieder zurück um seinen Flieger wieder zu erreichen. Diesmal aber hatte ich das Glück warten zu dürfen. Warten auf meine Kollegen, die nicht rechtzeitig zum Termin kommen konnten und warten, da ich viel zu früh, trotz Fußmarsch anstatt U-Bahn, am vereinbarten Ort war.
Und diese Wartezeit habe ich genutzt, genutzt zur Entspannung, aber auch zur Beobachtung. Zur Beobachtung des Fahrradverkehrs in Kopenhagen. Kopenhagen, die Fahrradhauptstadt, das Mekka aller Fahrradfahrer und Gott sei bei uns aller Autofetischisten.
Was ist anders in Kopenhagen, was machen die anders, wie schauen die Straßen aus und vor allem, sind sie viel breiter und ein- bzw. ausladender, damit neben dem KFZ auch der Fahrradverkehr Platz hat?
Nichts, was ich vorgefunden habe, habe ich in dieser Weise erwartet.
Einbahnsystem bei fast allen Radwegen! Radfahrer nicht gegeneinander unterwegs, sondern nur in eine Richtung, dafür aber auch etwas breiter als bei uns.
Die Fahrradfahrer hatten Vorrang. Und zwar nicht nur im rechtlichen Sinne, sondern auch im Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer. Keine Hupe war zu hören, wenn ein Radfahrer auf der schmalen Fahrbahn - die für KFZ, LKW und Fahrrad vorgesehen war - gemütlich dahin fuhr, ganz entspannt. Der Fahrradfahrer bestimmte das Tempo.
Fahrräder abgestellt entlang der Hausmauern, Fahrräder in großer Zahl an jeder Straße abgestellt. Warum auch nicht. Sind es bei uns doch die KFZ, die in Massen herumstehen. Keiner regt sich bei uns über die parkenden Autos auf, aber alle über die abgestellten Fahrräder.
Abstellplätze in Kopenhagen: Weniger Parkplätze für KFZ, breitere Gehwege - ehemaliger KFZ Abstellplatz sind auf einer Höhe mit dem Gehsteig - und werden zum Fahrradabstellplatz . Die Abstellplätze waren nicht auf der Höhe der Fahrbahn, sondern des Gehsteiges!
Alle Übergänge von der Fahrbahn zum Gehsteig sind entweder niedrig, sodaß man ohne, dass es einen in die Luft hebt darüber fahren kann, oder die Gehsteige sind abgeschrägt. Nebeneffekt, die ganze Stadt ist behindertengerecht, ohne weiteren Aufwand.
Es gehört einfach dazu, mit dem Rad zu fahren. Egal ob im Businessanzug mit Krawatte, im Minirock, oder in High Heels, Mann, Frau ist mit dem Rad unterwegs. Mit dem Stadtfahrrad, mit dem Lastenfahrrad, mit den Kindern vorne drin, mit dem Hund in der offenen Box, oder mit der Freundin vorne in der „Kiste“.
Ein Fahrrad weicht auf den Gehsteig aus!? Kein Problem, dann geht es dort eben weiter, etwas langsamer und vorsichtiger, aber ohne Aufschrei der Fußgänger, ohne ACHTUNG, hier darf an nicht fahren.
Die Fahrräder sind alle für eine entspannte Haltung konstruiert. Keine überlangen Vorbauten, aufrechter Sitz, entspanntes radeln!
Und was können wir nun davon lernen:
Eine Menge, denn viel davon lässt sich umsetzen, ohne gewaltige Investitionen, oder Änderungen. Ganz vorne einmal die Änderung der Einstellung zum Radfahrverkehr, die der Politik und die aller Verkehrsteilnehmer. Wenn wir beginnen das Fahrrad als die Zukunft der Beförderung zu sehen, können wir auch die Richtlinien dafür entwickeln und das Bewusstsein dafür entwickeln.
So regt sich keiner auf, wenn 20 Autos an der Straße stehen, aber wenn 40 Fahrräder, die nur einen Bruchteil der Fläche brauchen am Straßenrand stehen, geht die Welt unter und man verlangt nach Kennzeichen an den Fahrrädern.
Vor allem Mut ist gefragt, Mut der Politik - ich erinnere an Stadtrat Erich Edegger, der hatte den Mut noch.
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